Schwund
Foto: Michael Ullrich
Schwund / 22.00 – 22.40 / SchwuZ Kathedrale
»Ich habe nichts zu bieten und will doch mit niemandem tauschen.« Es sind also leere Hände, mit denen Schwund zu seinem »Gedankenüberfall« – so der Titel seiner aktuellen EP – ansetzt. Freiheit den Räubern! Das forderte schon der junge Schiller. Seine verzogener Nachfahre Schwund hat in der jüngeren Vergangenheit mal No-Punk gemacht. Jetzt spielt er Synth-Punk. Da rattern die Köpfe und schütteln sich die Körper. Gut geht das rein, gut. Klar, man muss unweigerlich an DFA, Hansaplast und Der Plan denken, aber auch nur weil das hier ähnlich toll ist. Ein bisschen Schwund ist ja bekanntlich immer. Nur auf der Bühne nicht: Da geht Schwund bei Pop-Kultur mit zusätzlichen Performern in die Vollen und spielt erstmals neuestes Material.
Deadbear
Deadbear / 22.20 – 23.00 / SchwuZ Salon
So richtig können wir uns nicht entscheiden, was das aufregendste Detail aus der Biografie des Nick Donovan ist? Dass er Essays über Kanye West und David Bowie schreibt? Dass er an der Uni mal Teil eines Laptoporchesters war? Oder vielleicht doch, dass er eine App für den gigantischen Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider des CERN programmiert hat? Sagen wir es mal so: Der Mann hat viele Talente. Eines davon ist die Musik, denn unter dem Namen Deadbear veröffentlicht Donovan auch zurück genommene Klingklang-Electronica. Da muss man mit dem Ohr auch schon mal etwas näher ranrücken und vielleicht auch eventuelle Ablenkungen ausmachen. Aber es lohnt sich. In einer weiteren Weltpremiere wird es neue Deadbear-Songs in einem ebenfalls komplett überarbeiteten Live-Setup zu hören geben.
rRoxymore
rRoxymore / 22.20 – 00.20 / SchwuZ Bunker
Aus Montepellier stieß Hermione Frank in einen musikalischen Berliner Expat-Zirkel, der neben ihr aktuell auch Jam Rostron (Planningtorock), Perera Elsewhere, Paula Temple oder Olof Dreijer, Ex-The Knife, umschließt. In diesem Kreis ist Frank, die schon auf Human Level und Huntleys & Palmers veröffentlicht hat, das energetische Kraftpaket. Ihre Sets jacken derart heftig und luftig roh, dass es eine Herzensfreude ist und man sofort alle Glieder zittern lässt. Dabei bewegt sie sich immer zu querbeet ein und geradewegs Leftfield durch die elektronischen Gefielde. Durchaus sollte man dabei anmerken, dass rRoxymore als DJ ihrer Qualität in ihrer Wahlheimat noch immer etwas unterschätzt ist. Für unser Festival wagt sie sich nun an ein exklusives, feinstselektiertes Disco-Set, wie wir es so auch von ihr noch nicht gewohnt sind.
Ezra Furman
Ezra Furman / 23.00 – 24.00 / SchwuZ Kathedrale
Vor drei Jahren hätte Ezra Furman beinahe mit allem aufgehört. Da hatte der gender-fluide Musiker* aus Chicago gerade sein zweites Soloalbum veröffentlicht, dem drei weitere mit seiner alten Band vorausgegangen waren. Wenn es dieses Mal nicht klappt, dann lass ich es gut sein, schwor sich Furman damals. »Day of the Dog« ging jedoch nicht vor die Hunde, im Gegenteil: Der leichtfüßig-hochhackige Rock’n’Roll kam (zu Recht) an und wurde u.a. vom britischen Guardian mit Höchstnoten bedacht. Das nächste Album »Perpetual Motion People« setzte da noch einen drauf und zeigte einen wie entfesselt wirkenden Performer, der sich offenherziger und mehr camp denn je gab. Furman, der große Lou-Reed-Fan, unterstrich damit, dass auch die vermeintlich antiquierte Gitarrenmusik noch große Identifikationspotenziale für junge Menschen bereithält, die sich in den gesellschaftlich vorgegebenen Rollenzuschreibungen nicht wiederfinden. Gemeinsam mit der Begleitband The Boyfriends wird Ezra Furman bei seiner einzigen Deutschlandshow in diesem Jahr auch den ein oder anderen neuen Hit aus dem Hut zaubern.
SassyBlack
Foto: Mujale Chisebuka
SassyBlack / 23.20 – 00.20 / SchwuZ Salon
Wer in den letzten Jahren dem alternativen HipHop und Soul ein Ohr geliehen hat, sollte ihre Stimme sofort erkennen: Catherine »Cat« Harris-White ist eine Hälfte des grandios talentierten Duos THEESatisfaction. Als SassyBlack ist die Sängerin und Produzentin zudem rege nebenher aktiv – und nicht weniger bemerkenswert. Harris-White schreibt den spirituell beseelten Afrofuturismus ihrer Band einfach alleine fort, predigt die Liebe zu sich selbst und zum Funk, schiebt die Sonne auch in die allerdunkelsten Ecken. »No More Lame Dates« heißt ihr allererstes Album, das sie in Berlin erstmals live in Europa performen wird. Es vertont den reichhaltigen Achterbahnerfahrungsschatz seiner liebesuchenden Protagonistin, die wiederum eine schwarze queere Frau im modernen Amerika ist. Freuen Sie sich auf diesen Abend, deinstallieren Sie Tinder, reinigen Sie ihre Herzen und spitzen Sie die Ohren!
Trümmer
Foto: Alexandra Kinga Fekete
Trümmer / 00.20 – 01.20 / SchwuZ Kathedrale
Ein paar Konzerte und eine kartoffelbestempelte Kassette im Eigenvertrieb – das reichte der Hamburger Gruppe Trümmer einst, um (gemeinsam mit ihren Kolleginnen von Zucker) in der SPEX zu landen. Seitdem ging es mit der Band bergauf und mit der Stadt bergab: den sogenannten Lampedusa-Flüchtlingen wurde das Bleiberecht verwehrt; die Polizei besetzte St. Pauli; die Esso-Häuser wurden abgerissen. Trümmer lieferten den kämpferischen Gegen-Soundtrack dazu. Ihr Debütalbum verband Postpunk mit dem alten, lebensbejahenden Geist des Rock’n’Rolls. Plötzlich wurde wieder geträumt, geraucht und geliebt, wurde wieder utopisch gedacht, gelacht und getanzt. »Komm wir sehen uns später auf den Barrikaden / Nostalgie ist prinzipiell nicht zu ertragen«, hieß die Losung. Unzählige euphorisierte Konzerte, eine Arbeit für das Hamburger Thalia Theater und eine Rockoper über einen Hipster, der zum IS-Sympathisanten wird, später entführen uns Trümmer nun mit ihrer ersten Headline-Show zum neuen Album in die »Interzone«.
Tygapaw
Tygapaw / 00.20 – 02.20 / SchwuZ Bunker
»I make future slow jamz« (sic), behauptet Dion Mac von sich selbst. Das New Yorker Multitalent (Regisseurin, Grafidesignerin, Musikerin, DJ) stammt aus Mandeville, Jamaika, und agiert unter dem Namen Tygapaw. In ihrer Musik lädt sich lasziv-feinfühliger R&B mit Clubmusik zwischen Garage, Bassmusik und Electro Pop auf. Eine knisternde Offenbarung. Mit ihren Partyreihen SHOTTAS NYC und Fake Accent hat sie einen künstlerischen Freiraum für die junge queere karibische Community der Metropole geschaffen. Außerdem ist sie eng mit dem Discwoman-Kollektiv verbunden, das gerade in den alternativen Clubs Amerikas für Furore sorgt. Jetzt kommt sie für Pop-Kultur zum ersten Mal nach Deutschland.
U.S. Girls
Foto: Drew Reynolds
U.S. Girls / 00.40 – 01.40 / SchwuZ Salon
»A woman’s work is never done.« So urteilte Meg Remy auf ihrem letzten Album als U.S. Girls. Die in Toronto lebende US-Amerikanerin hat mit dieser Platte – ihrer sechsten – endgültig den Durchbruch geschafft. Nicht, weil dieses Mal das geschätzte Label 4AD im Hintergrund stand, sondern, weil Remy ein von vorne bis hinten packendes Album über das Leben ganz alltäglicher Hardworkerinnen in den USA gemacht hat – und über die patriarchale Enge ihrer Familie. Dabei erwies sie sich als große Geschichtenerzählerin, die komplexe Inhalte leichter Hand in eingängige Pop-Jams packen kann, welche ihren rauen Charme auch beim x-ten Hören nicht verlieren. Live ist sie zudem eine Macht; eine Einfrau-Loop-Maschine; eine die keinen Kontakt zum Publikum scheut, und es sofort auf ihre Seite zu ziehen weiß.
Noga Erez
Foto: Ron Kohen
Noga Erez / 02.00 – 02.40 / SchwuZ Salon
Rock hat sie gespielt und Jazz, vor allem in Bands. Seit einiger Zeit nun ist Noga Erez solo unterwegs – und ist die forscheste Stimme der Szene von Tel Aviv. Mit Verve in allen Zeilen und Fugen, mit entspannteren Singalongmomenten und heftigen Electro-Pop-Beats bis hin zur HipHop-Anleihe. Die Sängerin, Keyboarderin und Perkussionistin greift dabei gern auf Loops zurück. »Can you shoot while dancing?«, fragt sie in einem ihrer Lieder. Aktuell nimmt Noga, die bereits auf dem Primavera spielte und Kollegen wie Son Lux zu ihren Fans zählt, ein erstes Album auf, welches im nächsten Jahr auf City Slang erscheinen soll. Hier kommt in all ihrer Exaltiertheit der kommende Alt-Pop-Star auf uns zu. Und natürlich ist Tanzen die schönste Hauptsache der Welt. Darin sind wir uns alle einig.
Alex.Do
Foto: Franz Grünewald
Alex.Do 01.20 – 03.20 / SchwuZ Kathedrale
Gemeinsam mit Rødhåd und Recondite bildet Alex.do die Speerspitze von Dystopian, dem Partyreihe-wird-Label, das derzeit wohl die beliebteste, junge Technomarke Berlins ist. Da sind sich führende Magazine von Groove bis Resident Advisor einig. Der in Hellersdorf geborene und in Neuenhagen aufgewachsene Alex ist dabei der Jungspund in der Runde. Allerdings ist er auch mit allen Wassern gewaschen. In seinen Produktionen grooven House und Dub im Fundament des Technos, seine DJ-Gigs führen ihn um die ganze Welt. Für Pop-Kultur hat sich Alex einer besonderen Aufgabe angenommen: Er wird ein ganzes Set nur mit Tracks aus einem einzigen Jahr der Achtziger bestreiten. Welches es sein wird, verraten wir allerdings noch nicht.